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EXKURS 7.2. Die Subprime-Krise in den USA


Wenn auch Ursachen und Wirkungen in den Entwicklungen, die 2007 zur Finanzkrise geführt haben, kaum zu bestimmen sind, so ist doch unübersehbar,

  • dass sie in den USA ausgelöst worden ist,
  • dass sie dort mit der riesigen Masse an ausländischen Krediten zu tun hat, die den USA in den Jahren vor der Krise zugeflossen sind,
  • dass diese internationale Verschuldung der USA über deren Exportüberschüsse vermittelt worden ist,
  • dass aber, wie das deutsche Beispiel zeigt, auch über die Handelssalden hinaus ausländisches Geldkapital in die USA geströmt ist.


Allerdings ist Auslandsverschuldung eines Landes an sich kein Problem, das zu Krisen führt. Schulden sind erst dann problematisch, wenn sie nicht ausreichend gesichert sind. Vielmehr haben massenhafte ausländische Kredite, die mangelhaft gesichert waren, in den USA die Finanzkrise ausgelöst.


Es war eine Subprime-Krise. Subprime-Kredite sind Kredite mit hohem Ausfallrisiko. Es sind Kredite an Kreditnehmer mit geringer Bonität. Überwiegend handelt es sich um Kreditnehmer ohne belastbares Vermögen, deren Fähigkeit, ihre Kredite vertragsgemäß zu bedienen, von ihrem Einkommen abhängt. Solche Kredite werden notleidend, wenn die Kreditnehmer nicht mehr in der Lage sind, sie zu bedienen,

  • entweder weil ihr Einkommen kleiner geworden ist (Arbeitslosigkeit),
  • oder weil ihre Zinsen gestiegen sind,
  • oder weil ihre beliehene Immobilie an Wert verloren hat und die Hypothek nicht mehr deckt.

Eine Subprime-Krise bedeutet, dass solche vermögenslose Kreditnehmer massenhaft in Zahlungsschwierigkeiten geraten.


Wer vergibt solche Kredite? - Eine Bank, die solche Hypothekarkredite vergibt, schätzt das Risiko ab. Bei positiven Konjunkturdaten schätzt sie die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit von Kreditnehmern gering ein. Aber längerfristig wollen sich die Banken nicht mit solchen Krediten belasten. Deshalb sind sie daran interessiert, diese Kredite weiter zu verkaufen.


Wohlhabende Privatanleger wollen mit möglichst geringem Risiko möglichst hohe Renditen erzielen. Sie scheuen solche konjunkturabhängigen Risiken. Aber Banken können solche riskanten Forderungen verkäuflicher machen, indem sie sie mit weniger riskanten Anlagen mischen und in Pakete packen – „verbriefen“.


In einem Paket werden Forderungen dann attraktiver, wenn dessen Gesamtrisiko geringer erscheint als die Summe der Risiken, die es enthält. Voraussetzung dafür ist, dass der Käufer des Pakets die Risiken nicht erkennen kann, die verpackt worden sind. Wenn die Einzelrisiken nicht erkennbar sind, kommt es auf den Schein des Gesamtrisikos an. Den liefert die Ratingagentur. Wenn diese ein Rating des Pakets bezeugt, durch die es attraktiver wird als seine Bestandteile, dann kann die Bank ihre Subprime-Kredite rasch – was wichtig ist – und mit Gewinn verkaufen – worauf es ihr ankommt.


Wenn, wie geschehen, von Banken solche Subprime-Kredite massenhaft in verbriefte Pakete gepackt wurden – Collateralized Debt Obligations (CDO), und zwar so, dass deren Inhalt und dessen Einzelrisiken für die Käufer nicht beurteilbar waren, dann hatte das Manöver einen Sinn: Täuschung der Anleger. Schlechte Anlagen wurden geschönt, mit Hilfe von Ratingagenturen, deren Motiv nicht die Aufklärung der Käufer war. Vor allem private Anleger, die nie im Traum daran gedacht hätten, ihr Geld an arme Leute zu verleihen, ließen sich deren Kredite in hübschen Tüten verpackt als Schnäppchen andrehen.


Aber wieso brauchten die vermögenden Geldanleger vermögenslose Kunden als Kreditnehmer? – Weil die Vermögenden selbst keine Kredite benötigten. Am Anfang der Entwicklung, die zur Subprime-Krise geführt hat, standen weltweit wachsende Gewinneinkommen, die nicht konsumiert, sondern gespart wurden. Wenn das Marktgeschehen „vernünftig“ – im Sinne der herrschenden Wirtschaftstheorie – funktionieren würde, würden diese Ersparnisse, insb. wenn sie die Zinsen drücken, von Unternehmungen übernommen, um damit zu investieren. Die Unternehmungen investieren aber nur dann, wenn die Nachfrage nach ihren Produkten zu wachsen verspricht. Angesichts der stagnierenden Binnennachfrage blieb die Kreditnachfrage der Unternehmen in Deutschland jahrelang unterhalb der gesamtwirtschaftlichen Ersparnis. So kam es, dass deutsche Banken sich genötigt sahen – oder verlockt, nach Anlagemöglichkeiten im Ausland zu suchen. Dort kannten sie sich nicht so gut aus. Deshalb waren sie geeignete Empfänger von solchen „verbrieften“ Forderungen. Zwischen 2001 und 2008 nahmen die Kreditbestände der deutschen Banken gegenüber Inländern ständig ab, während ihre Auslandsforderungen Jahr für Jahr um 100 Mrd. Euro oder mehr anwuchsen, insgesamt um fast eine Billion Euro.


Weltweit schwammen die Vermögenden in Geld, und so entstand eine „Blase“ von weltweit anlagesuchendem Kapital. In den USA aber fand es zum Pumpen bereite Konsumenten, denen es vor allem asiatische Importwaren angetan hatten. Es fehlte ihnen nur an Einkommen. Ihnen in Zeiten niedriger Zinsen durch Hypotheken gesicherte Kredite mit variablem Zinssatz anzudrehen war eine Frage des Marketing. Diese Subprime-Kredite ausländischen Anlegern als solide Anlagen zu verkaufen war eine Frage der Verpackung. So hat „der Markt“ auch deutsche Vermögenden mit den vermögenslosen amerikanischen Subprime-Kreditnehmern ins Geschäft gebracht.


Diese Blase ist 2007 geplatzt, nachdem in den USA seit 2006 immer mehr Subprime-Schuldner zahlungsunfähig geworden waren. Amerikanische Hypothekenbanken gingen Konkurs. Die systemischen Hypothekenbanken wurden verstaatlicht. Die Furcht vor unentdeckten faulen Krediten griff zwischen den Banken um sich. Am 14. September 2008 ging eine der größten amerikanische Investmentbank, die Lehman Brothers, pleite. Die Finanzkrise nahm ihren Lauf.


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