Kap. 4. Das Bruttoinlandsprodukt
4.1. Die Verwendung des BIP
Das BIP misst den Wert aller in einem Jahr erzeugten Güter (Waren und Dienstleistungen). In der Entstehungsrechnung errechnet es sich wie folgt:
Produktionswert aller erzeugten Güter
minus Vorleistungen (alle darin enthaltenen Erzeugnisse anderer inländischer Produzenten)
= Bruttowertschöpfung
plus Gütersteuern abzüglich Subventionen
= BIP.
In Kap. 3 haben wir den Geldkreislauf der Produktion dargestellt: Das BIP wird verkauft von seinen Erzeugern und gekauft von seinen Verwendern. Am Beispiel des Jahres 2014 zeigt Tabelle4.1.1 die Verwendung des BIP in Deutschland und der EU28 in absoluten Eurobeträgen und daneben in % des BIP, die Deutschland und die EU vergleichbar machen:
Die Letzte Verwendung umfasst die Gesamtproduktion eines Landes, die von den Erwerbstätigen des Landes produziert worden ist. In unseren empirischen Tests zur Untersuchung der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge eignet sie sich besonders, um die gesamtwirtschaftliche Leistung zu repräsentieren.
Die Proportionen der BIP-Verwendung von 2014 in Deutschland und in der EU28 ähneln sich sehr:
DE EU28
privater Konsum 55,3% 56,7%
staatlicher Konsum 19,2% 20,8%
Exporte 45,4% 43,1%
Importe 39,4% 40,4%
Bruttoinvestitionen 16,6% 19,7%.
Beim Außenbeitrag dominiert Deutschland mit
6,0% 2,7%.
Die Erfassung des Außenhandels in der VGR ist jedoch unbefriedigend, weil sie noch immer Doppelzählungen enthält: importierte Waren, die in den Export gehen. Eigene Schätzungen für Deutschland aufgrund der Input-Output-Rechnung des Statistischen Bundesamtes ergeben: 2014 stammten 40% der deutschen Exporte nicht aus deutscher Produktion, sondern aus Importen, und 44% der deutschen Importe wurden wieder exportiert. Bereinigt betrugen die deutschen Exporte aus heimischer Produktion nur 28,4% des BIP. Dies lässt das Ausmaß der Verflechtung der deutschen Wirtschaft mit dem europäischen Binnenmarkt erkennen.
Im Durchschnitt der EU-Staaten liegt der Anteil der Exporte ähnlich hoch wie in Deutschland. Aber beim Außenhandel der EU-Staaten ist zu unterscheiden zwischen dem Intra-Handel im Binnenmarkt und dem Extra-Handel mit Drittstaaten (2014, in % BIP):
Exporte in die EU 26,1%
Exporte in Drittstaaten 16,9%
Exporte 43,1%
Importe aus der EU 24,3%
Importe aus Drittstaaten 16,0%
Importe 40,3%
Saldo EU 1,8%
Saldo 3.-Länder 0,9%
Außensaldo 2,7%
Je größer ein Land, desto größer ist die Binnenverflechtung und desto kleiner die Außenverflechtung seines Handels. Deutschlands Export lag 2014 bei 45,4%, aber der Extra-Export aus der EU in Drittstaaten lag bei 12% (nur Waren). Ähnliches wie für die EU28 als Ganzes gilt für die USA: 2014 lagen die Exporte bei 14%.
Wie die Einkommen zur Bezahlung des BIP in den Geldkreislauf zurückfließen, illustriert die Verwendungsrechnung der Privaten Haushalte (Note4.1.1) im Jahre 2014 – siehe Tab4.1.2. Von den Arbeitnehmerentgelten, die die Arbeitgeber bezahlt haben (52,5% des BIP), empfangen die privaten Haushalte nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben die Nettolöhne und -gehälter (28,5% des BIP). Hinzu kommen die Sozial- und Alterseinkünfte (17,6% des BIP). Diese Einkommen addieren sich, nach Abzug weiterer Abgaben und verbrauchsnaher Steuern, zum Masseneinkommen (42,4% des BIP). Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen fließen den privaten Hauhalten auf verschiedenen Wegen zu (20,2% des BIP). Nach Verrechnung weiterer Transfers verfügen die privaten Haushalte schließlich über ein Einkommen von 60,2% des BIP, das sie entweder konsumieren (56,4%) oder sparen. Rechnet man die Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche zur Ersparnis hinzu, dann ergibt sich eine Ersparnis (5,6% des BIP) von etwas unter 10% der Einkommen der Privaten Haushalte.
Die BIP-Anteile in der EU sind ähnlich (Tab4.1.3) (Note4.1.2). 57,3% des BIP wird regelmäßig von den Privaten Haushalten gekauft, von einem verfügbaren Einkommen von über 58,9% des BIP. Die Sparquote (3,0% des BIP) liegt mit etwas mehr als 5% deutlich unter der deutschen.
Da die prozentuale Sparneigung als Anteil an diesem verfügbaren Einkommen der Privaten Haushalte recht stabil ist, liegt es auf der Hand: Je größer dieses Einkommen ist, das ihnen überwiegend in Monatsraten zufließt, desto größer ihre Konsumausgaben und desto größer der Konsumgüterabsatz. Was das bedeutet, werden wir Kap. 5.3 untersuchen.