7.7. Reformen zur Erneuerung der Stabilität
Nach der Finanzkrise bestand weltweite Einmütigkeit darüber, dass die Finanzmärkte dringend reformiert werden sollten. Die Krise hatte die Notwendigkeit einer systematischen Regulierung und strenger Kontrollen der Kapitalmärkte durch den Staat offengelegt. Dabei ging es um den Schutz der Gesellschaft vor schädlichen Auswirkungen der Kapitalmärkte, um den Schutz privater Anleger vor Betrug sowie um die strafrechtliche Verfolgung korrupter Praktiken. Einige besondere Probleme hat die Finanzkrise in den Blickpunkt gerückt:
Ziel der Reformen des Kapitalmarktes ist es, solche Krisen für die Zukunft auszuschließen. Folgende Reformprinzipien dominierten in den Jahren nach der Krise die Agenda:
Diesen Prinzipien würde ein Trennbanken-System entsprechen, das durch eine strikte Trennung schutzwürdiger Banken von Investment-Banken charakterisiert ist. Der Liikanen-Report im Auftrag der EU-Kommission schlug eine modifizierte Fassung dieses Systems vor, wonach innerhalb einzelner Banken das traditionelle Bankgeschäft streng von den Investment-Geschäften zu trennen sei. Die Einlagen der Sparer dürften nicht zur Finanzierung von Investment-Geschäften verwendet werden. Der Investment-Teil müsse Konkurs gehen können, ohne dass der übrige Teil der Bank in Mitleidenschaft gezogen würde.
Die deutsche Bundesregierung hat das Trennbanken-Prinzip akzeptiert, und 2013 hat der Bundestag ein „Trennbankengesetz“ verabschiedet. Es geht nicht so weit wie die Liikanen-Vorschläge. Die Abtrennung („Abschirmung“) riskanter Investment-Geschäfte wird einer Bank nur vorgeschrieben, wenn diese mehr als 20% ihrer Bilanzsumme ausmachen oder 100 Mrd. Euro pro Jahr überschreiten. Das betrifft nur wenige deutsche Großbanken, vor allem die Deutsche Bank. Die Umsetzung des Gesetzes sollte bis Sommer 2017 vollzogen sein. Inzwischen befindet sich die Deutsche Bank in einem Umstrukturierungsprozess – quasi unter den Augen der Finanzaufsicht.
Die EU-Finanzminister haben sich im Juni 2015 auf einen Gesetzentwurf zur Trennung riskanter Bankgeschäfte von den Spareinlagen der Kunden geeinigt, mit Sonderregeln für das Vereinigte Königreich. Von dem Gesetz würden die rund 30 größten Banken der EU betroffen sein. Banken mit 70 bzw. 100 Milliarden Euro Handelsgeschäft pro Jahr sollten der Kontrolle einer Aufsichtsbehörde unterworfen und zur Separierung des Eigenhandels gezwungen werden. Gegenüber Banken oberhalb dieser Grenze könnten von den Aufsichtsbehörden Maßnahmen zur Minderung der Risiken erzwungen werden.
Angesichts anhaltenden Widerstandes hat die EU-Kommission nach zwei Jahre langen Verhandlungen den Entwurf eines Trennbankensystems in aller Stille wegen fehlender Realisierungschance zurückgezogen. Wieder einmal ist ein Gesetzgeber vor dem Druck der Bankenlobby eingeknickt.
In Reaktion auf die Finanzkrise sind allerdings vielfältige internationale Reformen beschlossen worden, insb. im Rahmen der EU.
Insgesamt hat sich einiges bewegt. Die Aufsicht über die Banken ist verbessert worden. In Krisenfällen kann die Bankenaufsicht Anordnungen gegenüber Banken aussprechen. Aber der Kern des Problems ist nicht wirksam angegangen worden: Gesellschaft und Wirtschaft bleiben weiterhin ernsthaft bedroht von privaten Bankinstituten, die „to big to fail“ geblieben sind.
Keinen Erfolg hatten die verbreiteten Forderungen nach einer nachhaltigen Reform des Ratings von Kreditnehmern. Die Lobbies der Agenturen haben diese Reformen verhindert. Die EU hat 2013 eine Verordnung erlassen, die zahlreiche kleinere Verbesserungen enthielt, u.a.
Aber es bleibt beim Oligopol der großen us-amerikanischen Agenturen.