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6.5. Die Entwicklung der Staatsschulden in Deutschland und in der EU


Der Saldo des Staatshaushaltes eines Jahres ist ein Überschuss oder ein Defizit. Er senkt oder erhöht die Staatsschulden. Ein Defizit wird finanziert durch die Netto-Kreditaufnahme. Einmalige Defizite erhöhen die Staatsschulden dauerhaft, bis sie durch Haushaltsüberschüsse gesenkt werden. Wiederholte Defizite addieren sich zu wachsenden Schulden. Die Folge eines Defizit-Spending ohne spätere Schuldentilgung ist eine erhöhte Staatsverschuldung (EXKURS6.2). Das wirft die Frage auf: Welcher Staatsschuldenstand ist tragbar?


2015 betrugen die deutschen Staatsschulden 2.162 Mrd. Euro. Das waren 70,9% des BIP. Sie verteilten sich im föderalen Staat auf

  • Bund 63%,
  • Länder 30% und
  • Gemeinden 7% (EXKURS6.3).


Zwischen 1998 und 2015 sind die Staatsschulden in nationaler Währung in der EU im Jahresdurchschnitt um +5,6% gewachsen, im Euroraum um +4,3%, in Deutschland um +3,5%, am schwächsten in Dänemark mit +1,0% sowie in Bulgarien und Schweden mit +1,5%, am stärksten in Rumänien mit +25% (Inflation). Aber so misst der Staat seine Schuldenlast nicht. Die Schuldenlast eines Staates wird als Anteil des BIP gemessen, als Schuldenquote. Die Schuldenquote bedeutet: Wächst das BIP um 3%, dann können auch die Schulden um 3% wachsen, ohne dass das Gewicht der Schulden wächst.


Seit dem Start der gemeinsamen Währung bis vor der Finanzkrise ist die Schuldenquote im Jahresdurchschnitt in Deutschland um +0,8% gestiegen, im Euroraum insgesamt aber um 1,1% gesunken. Man kann sagen, dass die Schuldenquoten in dieser Zeit – einer wirtschaftlichen Schönwetterzeit – recht stabil geblieben sind.


Zu Beginn der Finanzkrise lag die Schuldenquote im Durchschnitt des Euroraumes bei 72%, in Deutschland bei 60%, in Italien bei 111%. Im Gefolge der Finanzkrise, von 2007 bis 2011, sind die Schuldenquoten jedoch erheblich gestiegen, in Deutschland um 15%-Punkte, in der EU um 23%-Punkte, in der EWU um 21%-Punkte. 2015 betrug die Schuldenquote im Durchschnitt der EU 85%, im Euroraum 90%, in Deutschland 71%, in Estland 10%, in Italien 132% und in Griechenland, wo das BIP deutlich gesunken ist, 177%.Zum Vergleich: Die Schuldenquote der USA betrug 2015 108%.


In der Öffentlichkeit wird die Frage diskutiert: Wie weit darf die Schuldenquote erhöht werden? Welche Schuldenquote ist tragbar?


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