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7.10. Zusammenfassung   


  • Sparen und Investieren bilden ein dynamisches Gleichgewichts-system. Insbesondere Änderungen des Sparverhaltens können konjunkturelle Störungen nach sich ziehen.
  • Die anhaltend hohen Außenhandelsüberschüsse Deutschlands summierten sich 2016 zu einem Nettogeldvermögen im Ausland von 1,4 Billionen Euro, dem entsprechende Schulden des Auslandes weitgehend EU-Staaten – gegenüberstehen.
  • Das Nettogeldvermögen der Privaten Haushalte in Deutschland, 2016 4,1 Billionen Euro, wächst deutlich stärker als das BIP. Es besteht gut zur Hälfte aus Versicherungsansprüchen, dient also in besonderem Maße der Alterssicherung.
  • Das Sachvermögen, bestehend aus produzierten Anlagen sowie Grund und Boden, wächst weitgehend proportional zum BIP. Das Sachvermögen der Privaten Haushalte von 7,7 Billionen Euro besteht größtenteils aus Wohnbauten und Grundbesitz.
  • Der Anteil der privaten Gewinne am BIP ist in den letzten 25 Jahren in Deutschland weitgehend stabil geblieben. Angesichts eines gewachsenen BIP-Anteils der privaten Vermögen bedeutet dies ein tendenzielles Fallen der Renditen. Hinter dieser Gewinnentwicklung verbergen sich ein trendartiger Niedergang des Anteils der Selbständigeneinkommen und eine expansive Entwicklung der übrigen Kapitaleinkommen. In der EU sinkt dagegen der Anteil der Gewinneinkommen am BIP.
  • Am Ausgangspunkt der Finanzkrise standen wachsende internationale Handelsungleichgewichte zwischen Überschuss- und Defizitländern, die sich in internationalen Forderungen und Verbindlichkeiten niedergeschlagen haben.
  • Im Gefolge der Globalisierung der Kapitalmärkte haben Geldvermögen weltweit, insbesondere in Immobiliengeschäften, nach besseren Renditen gesucht und dabei Geld verloren, wobei systematische Täuschungen durch die Kreditvermittler eine besondere Rolle gespielt haben. Der Höhepunkt waren Zusammenbrüche von Banken und Versicherungen, die wegen ihrer volkswirtschaftlichen Relevanz von Regierungen gerettet worden sind. Viele Ländern erlebten als Folge dieser Finanzlkrise eine schwere Rezession mit explodierender Arbeitslosigkeit.
  • Am Ende standen Staatsschuldenkrisen. Irland und Spanien wurden überwältigt von den Kosten und Folgen des Zusammenbruchs ihrer Immobilienwirtschaften, die begehrtes Ziel anlagesuchenden internationalen Kapitals gewesen waren. Portugal hatte bereits im Aufschwung vor der Krise übermäßige Defizit- und Schuldenquoten. Und in Griechenland hatten schon in den sechs guten Jahren vor der Finanzkrise übermäßige Staatsdefizite das Wachstum getrieben, das allein infolge eines Endes der Haushaltsdefizite zusammenbrechen musste.
  • Als in der Rezession infolge starker Zunahme der Arbeitslosigkeit hohe Sozialausgaben hinzukamen, explodierten die Defizite und Staatsschulden dieser Staaten. Die europäischen Rettungsschirme mussten einspringen. Italien, ebenfalls schwer von der Rezession getroffen, überstand die Krise ohne fremde Hilfe, weil es vor der Krise eine stabile Haushaltslage erreicht hatte.
  • Die Risiken von Kapitalanlagen sind auf dem globalisierten Kapitalmarkt desto größer, je ferner sie dem Anleger sind. Dies erfordert angemessene staatliche Regulierungen und Kontrollen. Banken, die volkswirtschaftlich besonders wichtig sind, müssen besonders überwacht werden. Die internationalen Finanzreformen der vergangenen Jahre haben erhebliche Verbesserungen gebracht.
  • Es müsste jedoch ausgeschlossen werden, dass ein Staat zur Rettung von Finanzunternehmen gezwungen werden kann. Eine überzeugende Lösung wären eine rigorose Trennung zwischen den Geldeinlagen der Sparer und dem spekulativen Handel mit Vermögenstiteln. Solche Regulierungen der Finanzmärkte werden weltweit durch den Widerstand mächtiger Bankenlobbies verhindert.
  • In der deutschen Interpretation der Aufgaben einer Zentralbank hat die Theorie der Geldmengensteuerung zur Inflationskontrolle einen prägenden Einfluss. Dieser Theorie widersprechen jedoch empirische Beobachtungen: weder entwickelt sich die beobachtete Geldmenge proportional zum nominalen BIP, noch ist die Zentralbank in der Lage, die Entwicklung der Geldmenge zu steuern.
  • Die heute verwendeten Instrumente der Geldpolitik der EZB sind:
    • die Variierung der Zinssätze, zu denen Geschäftsbanken von ihr Geld leihen können,
    • die Variierung der Zinssätze, zu denen Geschäftsbanken bei ihr Geld einlegen dürfen,
    • der Kauf und Verkauf von Wertpapieren am offenen Markt.
  • Mit ihrer Geldpolitik will die Zentralbank das Geldangebot der Banken vergrößern oder verknappen.
  • Aufgrund von empirischen Beobachtungen der Geldpolitik der EZB lässt sich feststellen:
    • Die EZB verändert ihre Zinssätze mit dem vorrangigen Ziel, Abweichungen der Inflationsrate von ihrem Stabilitätsziel 2% entgegenzuwirken – nach oben wie nach unten.
    • Sie orientiert sich dabei jedoch vorrangig an den tatsächlichen Veränderungen des Wirtschaftswachstums.
    • Die Veränderungen der EZB-Zinssätze haben keinen direkten Einfluss auf die Inflationsrate und einen relativ schwachen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum. Mit einer rigorosen Zinserhöhung durch die EZB könnte jedoch in Boomzeiten das Wachstum und damit die Zunahme der Inflation gebremst werden.
    • Diese tatsächlichen Zusammenhänge lassen nur eine sehr grobe Ansteuerung der geldpolitischen Ziele durch die EZB zu.
  • Nicht die EZB bestimmt die Höhe der Marktzinsen. Sie versucht mit ihrer Geldpolitik, orientiert an ihrem Ziel der Preisstabilität, diese Zinsen zu erhöhen oder zu verringern. Ihr Einfluss ist dabei begrenzt.
  • Prägend für die Entwicklung der Finanzmärkte ist spätestens seit der Jahrtausendwende ein globaler trendartiger Niedergang der Zinsen. Die Jahre bis zur Finanzkrise waren gekennzeichnet von der Suche des Geldes nach internationalen Anlagemöglichkeiten. Seit der Finanzkrise wächst die „Liquiditätspräferenz der Geldbesitzer, die sich angesichts marginaler Gelderträge scheuen, ihr Geld fest anzulegen.
  • Insgesamt bestimmen Geldangebot und Geldnachfrage die Zinshöhe. Es ist ein weltweites Überangebot von anlagesuchendem Geldvermögen, das die Zinsen langfristig gegen Null sinken ließ. Solange sich an diesem Überangebot nichts ändert, ist keine Beendigung der Niedrigzinsphase zu erwarten.
  • Dieser Geldüberhang hat strukturelle Folgen: verschärfte Jagd nach Anlagemöglichkeiten, bedenkliche Immobilienpreissteigungen, Altersrücklagen und Lebensversicherungen geraten in Schwierigkeiten.
  • In der EU zahlen die Sparer den Preis dieses Zinsverfalls, der selbst eine Folge übermäßigen Sparens ist. Wie wir für Deutschland gesehen haben, ist die Sparquote der privaten Haushalte desto höher, je größer deren Einkommen sind. Somit gehören zu den Treibern der Zinssenkungen die Bezieher höherer Einkommen, während die Sparer, die sich auf Zinsanlagen stützen, die Verlierer sind.


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